Nic Hess

HERMETO
Zurich, 2015

Nic Hess ist weitgereist. Als Künstler legte er seine Spuren schon von Argentinien bis Südkorea, von Los Angeles bis Berlin, von Guatemala bis Italien, indem er fantasievoll Räume mit kühn ausgelegten Klebstreifen markierte und durchmass. Diese Arbeiten nennt er Zeichnungsinstallationen. Eine Eigenheit seines bildnerischen Schaffens besteht auch darin, dass er oft weltweit bekannte Brands in spielerischer Art in neuem Kontext erscheinen lässt. Als Beispiel sei hier seine „Rechnung“ präsentiert, im Original natürlich im entsprechenden Design wiedergegeben: m&m+M=3M. – Will heissen: Zuckerschleckereien plus McDonald’s gleich Klebstoff …

Auch spezifische Menschentypen sind oft eine Art Brand, die für eine Lebensführung oder für einen Landstrich und dessen Kultur stehen. Zum Beispiel der mexikanische Gigolo, dieser unverbesserliche, überstolze Macho, der an der Grenze zwischen Imponiergehabe und Lächerlichkeit herumtanzt und versucht, die Frauen um den Finger zu wickeln. Hier auf dem Bild sehen wir Nic Hess in der Pose eines solchen Typen, dem er den Namen Hermeto Zé Maria verliehen hat. Der Künstler muss diesem schmierigen Latino auf seiner Entdeckungsreise zu sich selbst und seiner eigenen Männlichkeit, die ihn vor 30 Jahren nach Mexiko führte, in dutzendfacher Ausführung begegnet sein. Am Anfang seiner künstlerischen Biografie steht nämlich ein mehrmonatiger Aufenthalt in San Cristóbal de Las Casas. Dort entwarf er Flugblätter für ein Kulturzentrum und Restaurant namens Madre Tierra, die jeweils auf Konzerte und sonstige Veranstaltungen hinwiesen.

Und so, wie bekannte Marken Nic Hess zu neuer Kontextualität inspirieren, so überführt er auch diesen Prototypen mexikanischen Gehabes in ein neues Umfeld, entblösst ihn seines angestammten Umfelds und seiner markanten Schuhe, und bietet ihm, in Socken bloss, eine neue, zweifelhafte Bühne in der biederen Schweiz, indem er seinen Hermeto Zé Maria zuweilen als „Gaststar“ der Unterhaltungsband Frankie & Tony auftreten und singen lässt. Sein Charme ist dabei unübertrefflich, seine Sprüche schmierig-charmant, und es macht nichts, dass sein Spanisch in der Zwischenzeit etwas gelitten hat, schliesslich wissen alle, wer dahintersteckt und diesem Exoten neue Flügel verleiht.                                                                                                                    

Nikolaus Wyss